150 Jahre genossenschaftliche Bank

Die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg feiert ihr 150-jähriges Jubiläum: Am 22. Januar 1865 wurde die genossenschaftliche Bank in Herrenberg gegründet. Am 10. März dieses Jahres wird der Nagolder Teil ebenfalls 150 Jahre alt.

Die heutige Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg entstand aus 54 ehemals selbstständigen Genossenschaftsbanken. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die genossenschaftliche Bank immer wieder auf veränderte Rahmenbedingungen eingestellt. Ihre heutige Stellung im Markt beweist, dass sie die genossenschaftliche Idee über die lange Zeit hinweg erfolgreich verwirklicht hat. Mehr als 56.000 Mitglieder sind heute Kunden in der eigenen Bank.

Im Rahmen eines Festakts am 22. Januar 2015 in der Stadthalle Herrenberg feierte die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg ihr 150-jähriges Jubiläum mit rund 600 Gästen. Eingeladen waren neben den ehrenamtlich Tätigen alle Mitarbeiter sowie zahlreiche Ehrengäste aus dem öffentlichen und kirchlichen sowie dem genossenschaftlichen Bereich.

Vorstandssprecher Helmut Gottschalk begrüßte die Gäste und besonders die Oberbürgermeister der Städte Herrenberg, Nagold und Rottenburg, die Bürgermeister der Gemeinden im Geschäftsgebiet der Bank, die Landräte der Kreise Böblingen und Tübingen, Roland Bernhard und Joachim Walter, sowie den Vertreter der Kirchen.  Zudem hieß er die hochrangigen Vertreter der  genossenschaftlichen Verbände und Verbundunternehmen willkommen, hier insbesondere Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Wolfgang Köhler, Mitglied des Vorstands des genossenschaftlichen Spitzeninstituts DZ BANK und  Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württember­gischen Genossenschaftsverbandes (BWGV).

Nach der Begrüßung betonte Helmut Gottschalk in seiner Jubiläumsrede die Bedeutung der genossenschaftlichen Werte und Ideale, die der Bank seit 150 Jahren als Kompass zielsicher Orientierung geben und bis heute hochaktuell sind. Nur den Interessen ihrer Mitglieder verpflichtet, ist sie wirtschaftlich und politisch unabhängig. Tief verankert in den Regionen übernimmt die genossenschaftliche Bank besondere Verantwortung als Triebfeder für die heimische Wirtschaft. Als Universalbank bietet sie heute neben dem klassischen Einlagen- und Kreditgeschäft ein umfassendes, leistungsstarkes Dienstleistungsangebot in Zusammenarbeit mit ihren Tochtergesellschaften Gäu Neckar Immobilien und Fischer Versicherungsmakler sowie Partnerunternehmen der Genossenschaftlichen Finanzgruppe. „Genossenschaften sind mittelständische Unternehmen, die von engagierten Menschen gestaltet und geprägt werden und bei denen die Mitglieder im Mittelpunkt stehen. Unsere ureigenste Aufgabe ist nach wie vor die wirtschaftliche Förderung unserer Mitglieder, nicht Gewinnmaximierung“.

Das 150-jährige Jubiläum nahm Helmut Gottschalk als Anlass für einen Rückblick auf die historischen Wurzeln der genossenschaftlichen Bank im Gäu, aber auch dafür, den Blick auf Gegenwart und Zukunft zu richten. Denn so alt die Bank sei, so jung sei sie auch: Im vergangenen Jahr hatten sich die Volksbanken Herrenberg–Rottenburg und Nagoldtal zusammengeschlossen und ihre Kräfte gebündelt. Bei aller Tradition sei es auch wichtig, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen und den Mut zu haben, sich immer wieder neuen Situationen und Herausforderungen zu stellen. Gerade diese Fähigkeit habe Genossenschaften schon seit ihrer Entstehungszeit ausgezeichnet und sie über die Zeiten hinweg erfolgreich gemacht. Dass der Genossenschaftsgedanke heute aktueller denn je ist, zeigt auch, dass die Vereinten Nationen (UN) bereits das Jahr 2012 zum Jahr der Genossenschaften erkoren hatten und 2015 zum Baden-Württembergischen Jahr der Genossenschaften unter Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten erklärt wurde. Der Genossenschaftliche Finanzverbund in Deutschland zählt heute mehr als 17 Millionen Mitglieder und damit Eigentümer ihrer Genossenschaft. Insbesondere in der so genannten Bankenkrise hat sich das Urprinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ eindrucksvoll bewährt: Die Solidargemeinschaft der genossenschaftlichen Banken kam gänzlich ohne staatliche Unterstützung durch die stürmischen Zeiten.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befand sich Deutschland durch die Industrialisierung in einer großen Umbruchsituation, und es herrschten wirtschaftlich schwierige Zeiten: Die Löhne waren niedrig, die Erträge aus der Landwirtschaft gering, und die Dinge des täglichen Bedarfs für viele unerschwinglich teuer. Doch nicht nur die Landwirtschaft befand sich in einer Notlage. Durch die Auflösung der Zünfte entstand eine neue Gewerbefreiheit, die Kleingewerbe und Handwerker dazu zwang, ihre Betriebe konkurrenzfähig zu machen und in Gebäude und Betriebsmittel zu investieren. Die Aufnahme eines Kredits war jedoch zu jener Zeit problematisch, da es vor allem im ländlichen Raum keine Banken oder Sparkassen gab und das nötige Geld häufig bei Wucherern aufgenommen werden musste. Um den Kreditmangel auf dem Wege der „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu überwinden, griff man die Ideen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch auf und schloss sich auf genossenschaftlicher Basis nach dem Motto „Einer für alle - alle für einen“ zu solidarisch und damals unbeschränkt haftenden Personengemeinschaften zusammen. 1865 wurden in Herrenberg und Nagold die Gewerbebanken gegründet und 1869 in Rottenburg. Die Prinzipien waren die gleichen wie in den 80er und 90er Jahren des 19. Jahrhunderts bei der Gründung der Spar- und Darlehenskassen im ländlichen Raum: Selbstverantwortung, Selbstverwaltung und Selbsthilfe.

In Herrenberg riefen 37 aufgeschlossene Gewerbetreibende, Handelsleute, Bauern und Bürger am 22. Januar 1865 im Gasthof „Zur Post“ eine „Spar- und Vorschussbank“ ins Leben. Man erkannte damals, dass die alten Strukturen nicht mehr tragfähig und für die Neuausrichtung Einrichtungen erforderlich waren, die Hilfe zur Selbsthilfe boten. Die Veränderungen im wirtschaftlichen Bereich erforderten Eigeninitiative und Veränderungen, um die eigene wirtschaftliche Existenz zu schaffen und zu bewahren.  

In den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens nahm die genossenschaftliche Bank eine stetige Entwicklung nach oben. Im Gründungsjahr traten 109 Mitglieder der Genossenschaft bei, und 10 Jahre später zählte sie bereits 697 Mitglieder. Auch harten Bewährungsproben wie Weltwirtschaftskrise, Weltkriege und Währungsreformen hielt die Bank stand. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen zogen immer wieder die Erfordernis nach sich, vorhandene Strukturen neuen Gegebenheiten anzupassen. Seit 1940 trägt die Bank den Namen Volksbank.

Mitte der 1960er Jahre erfuhr das Bankgeschäft einen enormen Wandel vor allem durch die Einführung der bargeldlosen Lohnzahlung, der elektronischen Datenverarbeitung und die Aufhebung der Zinsverordnung. Die Verantwortlichen der Bank erkannten, dass sie sich den veränderten Aufgaben in neuer Formation stellen mussten. Viele entschlossen sich daher in den 1970er Jahren, sich zu größeren, leistungsfähigeren Banken zusammenzuschließen. Im Einzugsgebiet der Stadt Herrenberg und im Gäu erfolgte 1972 der Zusammenschluss der Volksbank Herrenberg mit 13 Raiffeisenbanken – später folgten zwei weitere – zur Volksbank-Raiffeisenbank Herrenberg. In diesem Zusammenhang würdigte der Vorstandssprecher insbesondere das Wirken der ehemaligen Vorstände Jürgen Hanßmann und Fritz Engau, die diese große Fusion 1972 entscheidend mitgestaltet hatten: „Dass die gemeinsame Bank gut gestartet ist und eine beispiellose Erfolgsgeschichte gelungen ist, ist stark diesen damaligen Vorständen zu verdanken.“

Der weit reichende Wandel in der Bankenwelt erforderte es weiterhin, den veränderten Bedingungen am Markt Rechnung zu tragen und die Weichen für eine weitere erfolgreiche Entwicklung zu stellen. Um mit vereinter Kraft die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, schlossen sich im Jahr 2000 die Volksbanken Herrenberg und Rottenburg zusammen, 2001 kamen die Raiffeisenbank Oberjettingen und 2002 die Raiffeisenbank Stäble/Gäu hinzu. 2014 erfolgte die Verschmelzung mit der Volksbank Nagoldtal. Auch in der Gegenwart steht die genossenschaftliche Bank immer wieder vor neuen Herausforderungen, sei es durch den intensiven Wettbewerb oder durch neue Entwicklungen wie die Globalisierung und den Siegeszug des Internet. Unverändert steht jedoch seit der Gründung die primäre Aufgabe der wirtschaftlichen Förderung der Mitglieder an erster Stelle, in einer zeitgemäßen Form. Helmut Gottschalk: „Beruhend auf unseren Werten ‚leistungsstark, kompetent, verlässlich‘ wollen wir mit individueller Förderung unserer Mitglieder für deren nachhaltiges finanzielles Wohlergehen sorgen und so zum Wohlstand in unserem Wirtschaftsraum beitragen.“

Das Geschäftsgebiet der heutigen Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg umfasst rund 160 000 Einwohner und drei ehemalige Oberamtsbereiche in drei Landkreisen. Die Bank hat in jeder der drei Regionen eine Hauptstelle und darüber hinaus 30 Filialen mit Kundenberatung sowie 18 Selbstbedienungsstellen. Mehr als 480 Mitarbeiter profitieren heute von attraktiven und sicheren Arbeitsplätzen. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von 17 Jahren belegt die hohe Zufriedenheit und Identifikation mit der genossenschaftlichen Bank. Darüber hinaus bietet die Bank rund 40 Ausbildungsplätze. Laut einer aktuellen Marktumfrage arbeitet in allen drei Regionen rund die Hälfte der Bevölkerung mit der Bank zusammen, für rund 40 Prozent der hier lebenden Menschen und Unternehmen ist die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg ihre Hausbank.

Bankdirektor Helmut Gottschalk fasste zusammen, dass die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg die besten Voraussetzungen habe, nachhaltig erfolgreich zu sein und für ihre Kunden, Mitglieder und Mitarbeiter gute Perspektiven zu bieten. Für kommende Herausforderungen sei die Bank gut aufgestellt, vor allem durch ihre Ausrichtung am Kundenbedarf und an ihrer Aufgabe zur wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglieder. „Die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg hat eine lange Geschichte – und hat die beste Zeit noch vor sich.“

Im Anschluss an die Jubiläumsrede des Vorstandssprechers hielt der BVR-Präsident Uwe Fröhlich den Festvortrag. Anschließend würdigten in Grußworten der Herrenberger Oberbürgermeister Thomas Sprißler und der BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser das Wirken der Bank mit  Grußworten. Auch Landrat Roland Bernhard gratulierte der Bank in einem Grußwort zum Jubiläum.

In seiner Abschlussansprache stellte der stellvertretende Vorstandssprecher Jörg Stahl die Weiterentwicklung der ehemaligen Volksbank Nagoldtal-Stiftung vor: die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg-Stiftung, die künftig soziale und karitative Institutionen und Projekte im gesamten Geschäftsgebiet der Bank unterstützt. Die Fördermittel hierfür bestehen im Wesentlichen aus Erträgen des Stiftungskapitals und den Zweck­erträgen des VR-GewinnSparens der Bank. Die Vergabe und Verteilung obliegt künftig drei ehrenamtlichen Regionalkuratorien für die Gebiete Herrenberg, Nagold und Rottenburg, die sich aus Aufsichtsräten, Regional-Direktoren und Beiratsmitgliedern zusammensetzen. Dem Stiftungsvorstand gehören neben den Bankdirektoren Jörg Stahl und Dr. Maximilian Binzer die geschäftsführenden Prokuristen Birgit Stein, Leiterin des Bereichs Marketing + Vertrieb, und Detlev Klußmann, Leiter des Bereichs Unternehmensstrategie und Vorstandsstab, an.

Zum Anlass des 150-jährigen Jubiläums stiftet die Volksbank
Herrenberg–Nagold–Rottenburg 150.000 Euro dem Vermögen der Stiftung zu. Bankdirektor Jörg Stahl überreichte den symbolischen Scheck an Birgit Stein und Detlev Klußmann.

Im Anschluss ging Bankdirektor Helmut Gottschalk auf die Jubiläums-Chronik ein, in der neben der 150-jährigen Geschichte der Bank auch die wirtschaftliche Entwicklung und Besonderheiten der Regionen dargestellt werden sowie die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg  in ihrer heutigen Gestalt. Der Vorstandssprecher überreichte dieses rund 300 Seiten umfassende Werk den Oberbürgermeistern der drei Städte, Thomas Sprißler (Herrenberg), Jürgen Großmann (Nagold) und Stephan Neher (Rottenburg), dem Aufsichtsratsvorsitzenden Walter Seeger und seinen Stellvertretern Siegfried Dierberger und Michael J. Schulz sowie dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats Wolfgang Merz als Repräsentant der Mitarbeiter/innen.